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Zuckerkartell – oder warum Horst nicht schlank werden darf Teil1
Ich kenne Horst seit nunmehr 20 Jahren . Damals war er 30 und spielte Fussball in der Bezirksklasse. Er hatte gerade Gudrun, Ihr wisst schon ,die die gegen ihre kleinen Röllchen über dem Hosenbund kämpft, geheiratet. Horst wog bei einer Grösse von 1,85m etwa 90kg und fühlte sich damit pudelwohl. Als er 32 war wog er bereits 95 kg und wegen seines Knies hatte er mit dem Fussball aufgehört. Gudrun hatte ihn geschickt, weil er immer so einen roten Kopf bekam, wenn er sich anstrengte. Oh Horst, es wird böse enden wenn du nichts unternimmst.
Einige Jahre später sah ich ihn wieder. Damals war er 40 , beruflich gut vorangekommen. Vorangekommen war er auch in seiner Konfektiongrösse von ehemals 52 auf nun 60. Sein Gewicht lag bei 118 kg und ein Taschentuch war sein ständiger Begleiter weil er bei jeder Gelegenheit schwitzte. Ganz jovial versprach irgendwann mal bei mir vorbeizukommen, mal so richtig“ durchchecken“. Oh,oh, das geht nicht gut.
Kurz vor seinem 50. Geburtstag hat er es dann wahrgemacht. Grosszügig bot er mir an, doch mal nach dem rechten zu sehen. Längst schon hatten Hosenträger den Gürtel abgelöst und aus knackigen Jeans waren zeltförmige Unterbundhosen geworden. Über deren Bund wölbte sich eine gigantische , Kugel deren Besitzer bei jeder Anstrengung mächtig schnaufte. Horst war bei 147kg angekommen. Es folgten eine Kette von Erklärungen wie der Beruf , die Familie, ständige Einladungen, der Stammtisch usw.
8:00 Blutentnahme . Dann ein kurzer Pieks in den Finger um den Blutzucker zu testen. Error stand gross im Display. Also nochmal . Wieder Error. Ungläubiges Staunen aber das Gerät war neu. Nur Horst war zu süss für das Gerät – Horst hatte Zucker und das Gerä war mit der Messung völlig überfordert. Die restlichen Blutwerte rundeten dann das Bild ab. Unser Süsser litt unter einem“ metabolischen Syndrom“, also der unseeligen Kombination aus hohem Blutzucker, ebensolchen Fettwerten, starkem Übergewicht usw. . Dass Horst auch noch einen Blutdruck hatte der jenseits von Gut und Böse lag, versteht sich von selbst.
Aus dem ehemals sportlichen jungen Mann war also eine Baustelle geworden und es waren gleich mehrere Handwerker erforderlich, um die nötigsten Reparaturen durchzuführen. Nachdem Horst endlich den Ernst der Lage begriffen hatte, entschloss er sich, den Feind Nummer 1 , also seinen Zucker fachmännisch behandeln zu lassen und begab sich in die Hände eines “ Zuckerarztes“ , also eines sog. Diabetologen samt sog. “ diabetologischer Schwerpunktpraxis“.
Schauen wir mal, wie es Horst dort erging. Mehr davon im nächsten Beitrag,
bis dann , Euer Dr. Anti-Age.
Diabetes mellitus – oder warum Horst nicht schlank werden darf Teil 3
Schwer pustend setzte sich Horst auf den Stuhl im Cafe´ und begann sogleich, mir sein Leid zu klagen. Die Pillen ,die er von Dr. Zuckerfrei bekommen hatte,hatten zwar den Blutzucker sehr gut eingestellt, aber er wurde dabei immer fülliger. Solange, bis die Tabletten nicht mehr halfen. Eines Tages eröffnete ihm dann der Doktor mit sorgenvoller Miene, dass ab jetzt Insulin gespritzt werden müsse. Aber das sei kein Problem, zudem laufe gerade wieder eine Studie an der Horst teilnehmen werde .Ausserdem sei das Insulin ja auch die natürlichere Therapie , denn unser Körper produziert es schliesslich selber. Nur bei Horst reichte es eben nicht mehr aus, denn die Fettmassen die Horst vor sich hertrug waren einfach zu gewaltig.
Also. Insulin spritzen, neue Schulung und Ernährungsberatung. Dr. Zuckerfrei empfahl ihm zudem einige Diätprodukte zur Gewichtsreduktion, die er in der“ Praxis für Ernährungsberatung und Gewichtsreduktion“ kaufen könne. Glückliche Fügung, die Praxis war im selben Haus, nur eine Treppe höher. Ausgestattet mit neuen Medikamenten, Spritzen und allem was dazugehört, begab sich Horst in das nächste Stockwerk.“ Ernährungspraxis Erika Zuckerfrei“ stand auf dem Schild an der Tür. Wie praktisch, die Frau vom Doktor verkauft genau die Produkte, die Herr Doktor ihm so warm empfohlen hatte. Klasse, dachte Horst, hier arbeiten eben alle Hand in Hand.
6 Monate und weitere 8 Kilogramm später bekam Horst seinen Schlaganfall. Er konnte nicht mehr richtig sprechen, der Arm gehorchte ihm nicht mehr und sein rechtes Bein führte ein Eigenleben. Gudrun war entsetzt und brachte Horst in die nächste Klinik. Nach endlosen Wochen konnte Horst wieder einigermassen gehen und sprechen, allerdings arbeiten konnte er nicht mehr. Er war nun auf Gudruns Hilfe angewiesen und Dr. Zuckerfrei meinte bei seinem letzten Besuch, dass Horst von nun an doch besser beim Hausarzt aufgehoben sei, schliesslich müsste man sich jetzt doch mehr um ihn kümmern.
Da sass Horst nun, und fragte mich kleinlaut, ob er wieder zu mir kommen dürfe. Klar durfte er, nur von jetzt an würde konsequent abgenommen und regelmässig Sport getrieben, so wie er es schon vor langer Zeit hätte tun müssen.“ Gibt es dafür auch ein Programm“ fragte er und wischte sich den Schweiss von der Stirn. Ich sah ihn lange ratlos an und bereute es aufrichtig, nicht Zuckerarzt geworden zu sein.
Das ist also die Geschichte von Horst , seiner Uneinsichtigkeit und dem Geschäft mit den Folgen des süssen Lebens.
Wünschen wir ihm alles Gute und vorallem Gesundheit.
Bis dann, Euer Dr. Anti-Age
Diabetes mellitus – oder warum Horst nicht schlank werden darf Teil2
Bei Horst und Gudrun hing der Haussegen schief. Gudrun behauptete seit Jahren auf ihn eingeredet zu haben, sein Leben umzustellen. Aber der Herr könne ja alles besser, nur im Schlafzimmer konnte er eigentlich garnichts mehr, ausser schnarchen und immer mehr Platz einzunehmen. Na, vielleicht würde ja alles besser , Horst hatte nämlich seinen Termin in einer „Zuckerpraxis“. Spätestens in einem Jahr würde alles wieder so sein wie früher,oder? Begleiten wir Horst also und schauen wie es ihm so erging.
“ Diabetologische Schwerpunktpraxis Dr. Zuckerfrei“ stand auf dem Schild. Nun, hier war er richtig. Diabetologen sind nämlich Mediziner, die sich besonders gut in der Behandlung Zuckerkranker auskennen.Sie kennen die neuesten Medikamente, sind gut geschult und fortgebildet . Hierin unterscheiden sie sich von einem biederen Hausarzt in – rein gar nichts. Aber es ist ihnen gelungen mit viel Getöse aus einem einfachen Diabetes ein höchst profitables Geschäft zu machen. Sonderverträge mit den Krankenkassen und einen guten Kontakt zur Pharmaindustrie – Zucker ist eben ein tolles Geschäft und damit alles einen besonderen wissenschaftlichen Anstrich bekommt, wird zertifiziert und dokumentiert und natürlich kontrolliert.
In diese Organisation wurde unser Horst nun aufgenommen. Bevor jedoch irgendjemand mit ihm sprach, musste er diversen Verträgen beitreten , sog. Krankenprogrammen ( DMP = Desease Managment Program) . Ohne ein solches Programm geht garnichts, denn genau diese Verträge machen Horst zu einem höchst profitablen Süssen , den es gilt , möglichst lange in seinen Fängen zu behalten, wir kommen später darauf zurück. Nachdem Horst sicher war, mit seinen Unterschriften auch keine Waschmaschine gekauft zu haben konnte es also losgehen. Er war endlich im Programm , nur den Diabetologen hatte er noch nicht gesehen, der war auf einer Fortbildung, aber dafür wurde viel Blut abgezapft, er bekam viele bunte Prospekte und einen Termin in 3 Wochen .Ach ja, nüchtern bitte. Horsts ohnehin schon dicker Hals wurde noch dicker. Na, die drei Wochen kriegen wir auch noch rum.
Dann endlich der Termin bei Dr. Zuckerfrei. Der war annährend genau so umfangreich wie Horst aber das konnte nur gut sein, vieleicht versteht er mich dann besser, dachte unser Süsser. In den nächsten 4 Minuten erfuhr Horst waum er so aus dem Leim gegangen war und was ihm in der Zukunft so alles drohte. Aber Dr. Zuckerfrei meinte, “ dass kriegen wir schon wieder hin“. Oh prima, der Dr. wollte auch an dem Programm teilnehmen , oder hatte Horst da was falsch verstanden?Nun am Ende des Gespräches bekam Horst ein paar Tabletten und Termine zur Zuckerschulung, am besten mit Gudrun zusammen , denn die hat ja den Kochlöffel in der Hand.
Am nächsten Montag hatten Horst und Gudrun dann ihren ersten Schulungstermin. Zusammen mit acht weiteren Leidensgenossen wurden sie von einer netten jungen Dame in die Geheimnisse des gesunden Essens eingeweiht. Mal hielt sie eine Gurke in die Höhe, dann zeigte sie auf eine Schale mit Erdbeeren um schliesslich eine Colaflasche mit angewidertem Gesicht in den Ausguss zu kippen. Alles verstanden, gut, dann bis nächsten Montag. Horst ging mit dem guten Gefühl nach Hause, bald ein neuer Mensch zu sein, schliesslich war er jetzt im Programm von Dr. Zuckerfrei und der würde ihn bestimmt nicht mehr loslassen.
Ein Jahr später sah ich Horst wieder. Er strahlte über alle Backen und verkündete mir stolz,dass sein Zucker wieder fast normal sei. Dank der Pillen und der guten Beratung von Dr. Zuckerfrei fühle er sich viel besser. Nun, ich konnte mir den Blick auf die immer noch mächtige Kugel über seinem Hosenbund nicht verkneifen und fragte ob sich denn sonst etwas verändert habe. Auch sein Cholesterin sei viel besser und der Blutdruck auch, na ja ein bisschen. Und das Gewicht? Diese Frage hätte ich nicht stellen sollen, und die nach körperlicher Bewegung auch nicht, denn Horst wurde augenblicklich ein wenig wütend. “ Das kommt schon noch“ rief er, schliesslich sei er ja in einem Spezialprogramm und neuerdings auch in einer Studie einer Pharmafirma. Ach so, na dann kann ja nichts mehr schiefgehen, oder.
Ich verlor Horst dann aus den Augen, bis ich ihn zufällig auf der Strasse traf. Die Figur war unverändert, allerdings zog er ein Bein leicht nach. Ich lud ihn auf einen Kaffee ein und er erzählte mir seinen Leidensweg in den letzten Jahren.
Doch davon mehr im nächsten Beitrag.
Bis dann Euer Dr. Anti-Age